Reiner Kling

(53 Jahre Diabetes)
Reiner Kling

Mein Leben mit Diabetes von 1962 – 2016…

…begann im Sommer 1962. Ich stürzte nachmittags beim Spielen und habe mir dabei eine Kopfverletzung zugezogen. Ich musste ins Krankenhaus. Dabei stellte damals ein Mitpatient fest, dass ich doch viel trank und häufig zur Toilette ging. Das hat er meiner Mutter berichtet, die dann nach der Entlassung aus der Klinik mit mir zu unserem Hausarzt ging. Dort wurde mein Diabetes festgestellt und ich wurde mit einem Wert von 350 mmol/l in die Städtische Kinderklinik Wuppertal eingewiesen.

Ich erlernte das Spritzen, was mir anfangs schwergefallen ist und auch weh getan hat. Hier musste ich lernen, nach einem festen Plan zu Leben.

Weil ich bereits vorher krankheitsbedingt viele Schulfehlstunden hatte, bekam ich keine Zeugnisbenotung und so musste ich die Volksschule verlassen und ab August 1962 die Förderschule besuchen. Im Laufe einer kurzen Zeit, gab es auch dort Ärger, da ich nicht am Sportunterricht teilnehmen konnte. Das wurde mir von ärztlicher Seite verboten und führte zu Neid und Wut unter den Mitschülern, was sich in Prügeleien äußerte. Auch zu Hause war die Situation nicht einfach. Meine Eltern waren mit der Krankheit überfordert.

Es folgten viele Krankenhausaufenthalte durch Unterzuckerungen und Operationen.

1969 schließlich verließ ich die Förderschule und zog nach Düsseldorf, wo ich bei der Baumaschinenfabrik (Demag AG) einen Arbeitsplatz bekam. Dort übte ich eine leichte Tätigkeit (Botentätigkeit) aus.
Ich besuchte in dieser Zeit die gewerbliche Berufsschule für Lernbehinderte und nebenbei die Abendschule (um den Hauptschulabschluss nachzuholen), was mir schwerfiel, da ich oft fehlte. Ich kam dann des Öfteren in die Diabetes-Klinik Hösel bei Ratingen, wo ich mich sehr gut aufgehoben fühlte und viele Freunde fand. Später lernte ich weitere Diabetes-Kliniken kennen, wie in Bad Bevensen und Bad Oeynhausen, wo ich zum ersten Mal etwas von der Selbstkontrolle erfuhr und erlernte.

All die Fehlzeiten stellte meinen Job doch arbeitgeberseitig in Frage und ich stand kurz vor der Kündigung. Im Laufe dieser Zeit bekam auch meine Mutter ihren Diabetes.

1974 zog ich mit meinen Eltern um und bekam einen Job als Bote bei der Demag – Fördertechnik in Wetter a. d. Ruhr.

Im Herbst 1982 habe ich über den 2. Bildungsweg eine Umschulung begonnen – mein Maßnahmeträger war die Demag AG. Die zuständige Berufsschule war das Berufsbildungswerk Wetter Volmarstein. Dort besuchte ich die kfm. Berufsschule für Körperbehinderte.

Im September 1982 habe ich mir durch einen fatalen Injektionsfehler die doppelte Altinsulinmenge gespritzt. Durch die daraus resultierende Unterzuckerung bin ich unglücklich gestürzt und zog mir einen Brustwirbelbruch zu. Daraufhin musste ich die Umschulungsmaßnahme für 6 Monate unterbrechen.

1983 ging ich in die Diabetes-Klinik Hösel zu dem damaligen Chefarzt Dr. med. Sachse und bat ihn, seine Kontakte für mich spielen zu lassen und in München-Schwabing bei Prof. Dr. med. Mehnert einen Termin zu machen.

Dort lernte ich die Insulinpumpe kennen, indem ich an einem Studiengang unter der Leitung von Dr. Walter und Dr. Kemler als Proband teilnahm, was mein Leben mit dem Diabetes vollkommen veränderte.

Im gleichen Jahr habe ich dann im Städtischen Klinikum Hagen Westf. einen Nordisk Infuser erhalten. Dort lernte ich auch die Selbsthilfe und die Insuliner-Gruppe kennen, der ich heute noch angehöre. Trotzdem hatte ich zwischendurch heftige Unterzuckerungen mit anschließender Verweildauer im Klinikum wie im Sauerbruch Klinikum Wuppertal und Düsseldorf.

Im Herbst 1984 musste ich die Maßnahme ebenfalls unterbrechen, weil ich einen schweren Autounfall (Frontalunfall) hatte und damit auch nicht an der Prüfung teilnehmen konnte. All die Fehlzeiten haben dazu geführt, dass ich in meiner beruflichen Umschulung in einen massiven Rückstand geriet und ich eine Berufsschullehrerin fand, die mich unterstützte. Im Juni 1985 habe ich dann die Prüfung zum Bürokaufmann bestanden.

Ich bekam bei der Demag einen Job im Lager, dem ich auf Grund der schweren körperlichen Tätigkeit nicht nachgehen konnte. So kam ich im PKW-Pol als Fahrer für leichte Transportfahrten unter.

Durch Fürsprache bekam ich im September 1989 einen Job bei der IG-Metall Hagen. Dort hatte ich eine Bürotätigkeit in der Mitglieder- und Postverwaltung.

Da meine Eltern 1991 nun selbst gebrechlich wurden, beschloss ich sie neben meinem Job bei der IGM zu betreuen – sieben Jahre beide Elternteile und nach dem Tod meiner Mutter noch 6 Jahre meinen Vater. Aufgrund der Überlastung und der Spätschäden und Knochenveränderungen durch meine Brüche etc. ging ich dann 2005 in die EU-Rente. In dieser Zeit hatte ich ein Tief, was sich mit einem etwas erhöhten Alkoholkonsum bemerkbar machte. Ich zog die Reißleine und konnte so selber die drohende Katastrophe abwenden.

Dann hörte ich von der Selbsthilfegruppe für Diabetiker in Bochum und ging dort regelmäßig hin.

2009 lernte ich meine heutige Lebensgefährtin kennen und zog 2010 zu ihr nach Bielefeld, wo mich meine Partnerin auf diabetesDE aufmerksam machte und ich mich dort als neues Mitglied angemeldet habe. Seitdem bin ich der Organisation verbunden und bin auch seit 2015 Mitglied der Diabetes Akademie Bad Mergentheim.

Veröffentlicht: 2016

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