Manfred Lausch

(59 Jahre Diabetes)
Manfred Lausch

Am 20.08.1936 wurde ich als Sohn eines Schornsteinfegermeisters in Deutsch Krone, Hinterpommern geboren. Ich habe noch eine vier Jahre jüngere Schwester. Nach der Vertreibung durch die Polen aus Reetz (Kreis Arnswalde), wo mein Vater als Bezirksschornsteinfegermeister tätig war, wurden wir im Kreis Greifswald in Kröslin aufgenommen. Dort besuchte ich weiter die Schule und konnte wegen des Unterrichtsausfalls ab Herbst 1944 ein Schuljahr überspringen. Mein Vater, aus dem Krieg zurückgekehrt, fand uns Anfang 1946. Leider verstarb er an Kriegsverletzungen im August 1946. Wegen der besseren Bildungsmöglichkeiten verzogen wir Anfang 1947 in die nächstgelegene Stadt Wolgast, wo ich 1950 nach der 8. Klasse die Schule beendete.

Ich begann mit 14 Jahren eine Lehre als Schornsteinfeger, die ich ab 1952 beim Bruder meines Vaters in Anklam fortführte und 1953 abschloss . Danach arbeitete ich als Schornsteinfegergeselle weiter bei meinem Onkel. Ab der zweiter Jahreshälfte 1954 ging es mir gesundheitlich schlecht. Ich hatte oft Durst, fühlte mich müde und schwach und magerte stark ab. Wegen meiner falschen Ideale bezüglich des Verwandtschaftsverhältnisses schleppte ich mich dennoch täglich zur Arbeit, überwiegend mit dem Fahrrad in den Dörfern des Kreisgebietes. Am 31.01. 1955 konnte ich nicht mehr arbeiten und ging zum Hausarzt. Der diagnostizierte sofort den Diabetes Typ 1 und überwies mich zur stationären Aufnahme ins Kreiskrankenhaus Anklam.

Nach Einstellung wurde ich mit konventioneller Insulintherapie (zweimal täglich Mischinsulin) entlassen. Spätere zusätzliche orale Medikamente bewirkten keine Besserung der instabilen Stoffwechsellage. Kurzzeitig brauchte ich nur noch einmal am Tag zu spritzen. Eine Fortsetzung meines erlernten Berufs wurde vom Chefarzt ausgeschlossen. Deshalb bewarb ich mich im September 1955 als Berufsschullehrer für Schornsteinfeger in Malchin, wo alle Lehrlinge aus Mecklenburg/Vorpommern und dem Bezirk Potsdam theoretisch ausgebildet wurden. Bis 1960 legte ich die 1. und 2. Lehrerprüfung, 1962 auch die Schornsteinfegermeisterprüfung ab.

Im Dezember 1955 heiratete ich meine Frau, mit der ich schon vor der Erkrankung verbunden war. Das war Voraussetzung für einen Wohnungsantrag. Drei Jahre später erhielten wir in Malchin eine Neubauwohnung und bekamen vier Kinder. Im Jahr 1960 wurde die theoretische Beschulung der Schornsteinfegerlehrlinge für die ganze ehemalige DDR in Guben konzentriert und wir verzogen einige Monate später dorthin. Ab 1964 wurden die Schornsteinfegerlehrlinge an einer eigenen zentralen Berufsschule in Tiefensee, Kreis Eilenburg, beschult, wo ich als Direktor eingesetzt wurde.

Nach 16 Jahren im Schuldienst war ich bis zur Wende 15 Jahre als Technologe im Großhandel „Waren täglicher Bedarf“ in Bitterfeld beschäftigt. Nachdem ich 30 Jahre lang, trotz Diabetes, überwiegend leitende Tätigkeiten verrichtet hatte, wurde ich aus gesundheitlichen Gründen durch den Bezirksdiabetologen in Halle (Saale) invalidisiert.

Vor der Wende gab es für die ambulante Versorgung flächendeckend in Krankenhäusern oder Polikliniken spezielle Abteilungen, deren Konsultationen wegen der Medikamentenverschreibung unverzichtbar waren. Bei Erfordernis wurde meine Einstellung in regionalen Krankenhäusern stationär überprüft und korrigiert. Zusätzlich wurde ich bis zur Invalidisierung insgesamt zu elf stationären Aufenthalten im Diabetiker-Sanatorium Rheinsberg, im Diabetiker-Sanatorium Saalfeld und im Zentralinstitut für Diabetes Karlsburg eingewiesen.

Nach der Wende wurde die Versorgung von Hausärzten übernommen, die bei mir im Chaos endete. Erst zehn Jahre nach der Wende überwies mich mein Hausarzt an einen niedergelassenen Diabetologen.
Im Jahr 1980 wurde ich in Karlsburg auf die ICT mit Altinsulin und Mischinsulin umgestellt. Ausgehend von meinem früheren Arbeitsort Bitterfeld, bin ich in der Diabetologischen Schwerpunktpraxis Frank Langgut in Halle in Behandlung. Meine Werte vom I. Quartal 2014 sind HBA1c = 5,9 %, (Gewicht bei 1,78 m Körpergröße = 75,6 kg).

Zurückblickend kann ich einschätzen, dass ich meinen Stoffwechsel im Griff hatte. Seitens der Arbeitgeber fand ich immer Verständnis und Unterstützung. Ich habe mich stets persönlich, auch durch die Mithilfe meiner Frau, um die Einstellung gekümmert. Ich hatte bisher keine Hypoglykämie, bei der Fremdhilfe erforderlich war. Der einzige Schaden ist eine Rhetinopathie, die nach 45 Jahren Diabetes Typ 1 an der universitären Augenklinik Leipzig sehr umfangreich gelasert werden musste. Probleme hatte ich bei mehreren stationären Krankenhausaufenthalten, wenn mir Grundsätze der Diabetesbehandlung vernachlässigt wurden.

Meine Maximen waren vor allem Wissenserwerb über die Krankheit und der Erfahrungsaustausch. Das erklärt die oftmaligen stationären Aufnahmen und Konsequenz im persönlichen Handeln: Die Entwicklung des Diabetes nicht dem Selbstlauf überlassen und hart sein gegen sich selbst. Ich bin Mitglied im Deutschen Diabetiker Bund (DDB) und war von Anfang 2002 bis Ende 2012 Leiter der Diabetiker-Selbsthilfegruppe Bad Düben mit über 50 Mitgliedern.

Veröffentlicht: 2014

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