Horst Gladiator

(60 Jahre Diabetes)
Horst Gladiator

Zu den Langzeit-Diabetikern gehöre ich auch, aber ich habe jetzt gerade erst 60 Jahre lang Diabetes Typ 1. Meine Erfahrung will ich Ihnen gerne mitteilen, denn bei den Schulungen in den Fachkliniken kommt dieses Thema selten zur Sprache. Für Ältere interessiert man sich nicht sehr. Sie haben schon lange genug gelebt und die Jüngeren haben eben noch das Leben vor sich. Auf die Erfahrungen älterer, langjähriger Diabetiker zu setzen, finde ich sehr hilfreich. Es kommt auf eine gleichmäßige Lebensweise an mit geregelten Mahlzeiten. Ich habe jahrelang ein 2. Frühstück zu mir genommen in der Firma, genau zu dem Zeitpunkt, wo das Insulin am meisten wirkte. 1954 bin ich noch mit einer kleinen Insulinmenge ausgekommen. Die Glasspritzen hat meine Mutter noch ausgekocht, um sie zu sterilisieren und die langen Kanülen habe ich auf dem Ölstein angeschliffen. Man nannte mich den Steinzeitdiabetiker. Über den Lauf der Jahre habe ich auch die Insulinsorte gewechselt. Zuerst war es das Hoechst Depot, dann das Novo Rapitard. Auch die Abendspritze kam dazu, aber alles ist nicht so leicht zu erinnern, weil es so lange her ist. Die Umstellung auf das neue Humaninsulin ist mir nicht leicht gefallen, weil ich jetzt öfter am Tag den Blutzucker messen muss.

Das ganze Leben über bin ich alle vier Jahre im Schnitt zur Schulung bzw. zur Neueinstellung gewesen. Die Diabetes-Klinik Dr. Wilms in Bad Lauterberg habe ich zweimal besucht, in Bad Oegnhausen bin ich einmal gewesen und in Bad Bevensen ca. elfmal. Es hat sich viel geändert in den Jahren, auch zum Guten, aber man darf den Diabetes nicht einen Tag vergessen.

Von der Regel „alles“ essen zu können, halte ich nichts, nur weil ich dagegen anspritzen kann. Disziplin sollte man trotzdem wahren und keine Kalorienbomben essen. Die amerikanische Küche sollte man missachten, nicht zu viel essen und nicht zu viel Fett! Jeder sollte sein eigener Arzt sein mit der eigenen Verantwortung. Jeder Diabetes ist individuell verschieden gelagert. Für mich sind die Diabetologen, die selbst Diabetiker sind, die Besten. Depressionen habe ich auch schon gehabt und so sollte man dafür sorgen, dass man sich über Belohnungen freuen kann. Ich wohne in einem Altenstift in Anmühle mit ca. 165 Personen in vier Häusern zusammen. Wir haben täglich vier Mahlzeiten zur Auswahl und für Diabetiker einen Extra-Nachtisch. Es lohnt sich hier zu wohnen. Alle werden hier älter und wer im Leben gut verdient hat, kann sich das leisten. Ich bin selbst noch Buchautor nebenbei, aber mein 1988 erschienenes Buch war nach 1 1/2 Jahren ausverkauft. Es war ein Heimatbuch mit alten Fotos, um das Erbe zu retten.

Veröffentlicht: 2010

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