Den genauen Tag meiner Diagnose weiß meine Mutter nicht mehr. Ich habe mir den 15.03.1972 notiert. Ich habe 1972 kurz nach meinem 4. Geburtstag wieder angefangen, ins Bett zu machen.
Der behandelnde Kinderarzt diagnostizierte eine Blasenentzündung. Diese wurde höchstwahrscheinlich mit einem Antibiotikum behandelt. Die Probleme blieben.
Dann sollte meine Mutter eine Urinprobe mitbringen, in einem Marmeladenglas. Nachdem die Probe hohe Zuckerwerte zeigte (Glas war nicht „richtig“ gespült), wurde in einem neutralen Gefäß erneut eine Urinprobe mitgebracht und auch die zeigte zu hohe Werte. Ich wurde ins Krankenhaus eingeliefert und musste dort verbleiben, Ahnung von Diabetes bei Kindern war eher gering. Meine Mutter musste im März jeden Morgen mit dem Fahrrad zum Krankenhaus fahren, dort die Hände aufwärmen und durfte mir dann Insulin spritzen. Nach ca. 5-6 Wochen wurde ich entlassen.
Der Diätplan sah folgendermaßen aus: Eine Scheibe Brot mit Wurst oder Käse belegt und ein Joghurt zum Frühstück, ein Apfel zum 2. Frühstück. Mittags drei Kartoffeln und eine Portion Gemüse ohne eine Angabe von Gramm. Abends wieder eine Scheibe Brot mit Wurst oder Käse. Nach einem Umzug nach Aachen und dadurch den Wechsel des Internisten wurde es etwas besser was den Diätplan anging, da waren auf einmal Gramm-Angaben.
Zwei Aufenthalte in der Waldklinik in Hösel sorgen immer wieder für neue Therapieansätze und auch Lesestoff das Buch „Ein Ratgeber: Diabetes im Kindes- und Jugendalter“ habe ich heute noch in meiner privaten Bibliothek.
Mir wurde erst 1x täglich, dann 2x täglich mit einer Glasspritze Depotinsulin gespritzt. Die dabei verwendeten Spritzen und Nadeln wurden in destilliertem Wasser keimfrei gemacht. Die Nadeln wurden auch regelmäßig mit einer Metallfeile geschliffen und entgratet.
Irgendwann kamen dann die ersten Einwegspritzen mit separater Nadel oder eingeschweißter Nadel auf den Markt. Es folgten Pen-Therapie und ab Mai 1991 die Pumpentherapie. CGM nutze ich seit September 2013, wobei ich in den ersten drei Jahren das CGM selber finanziert habe.
Was ich toll fand: Ich durfte zwar nur nach Diätplan essen, aber ich bin ganz normal zur Schule gegangen, habe Schwimmen gelernt beim DLRG und war lange Jahre im Turnverein aktiv. Oft war ich die Einzige oder die Erste mit Diabetes Mellitus. In der Grundschule stand im Klassenbuch: Keine Klassenarbeiten in der 3. Stunde, da Britta um 10:00 Uhr das 2. Frühstück nehmen muss.
Meine Hobbies in der Jugend waren Schwimmen, Turnen, Tanzen und Surfen. Mit 25 Jahren (1993) kam das Laufen und das Motorradfahren dazu. Zum Laufen bin ich über eine Wette mit meinem Vater gekommen, er hielt mich für unsportlich, da ich ja nur tanzte. Das spornte mich an und wir machten eine Wette, dass ich im kommenden Jahr an einem 10 km-Wettkampf teilnehmen werde.
Einige Jahre lang blieb es beim Laufen bei 1 x die Woche bei 5-7 km. Dann lernte ich meinen heutigen Mann kennen, auch ein begeisterter Läufer, und so wurden aus 1 x die Woche schnell 2 x die Woche Laufen. Mittlerweile habe ich diverse 10er und 21er, einen 25er und meinen ersten Marathon absolviert.
Mein Motto ist schon lang: Ich passe mich nicht dem Diabetes an, sondern der Diabetes passt sich mir an.
Veröffentlicht: 2022